Inschriften

ILTG 217 = AE 1959, 78 = AE 1959, 81 = AE 1961, 62 = AE 1964, 146a4 = AE 1964, 199:

[Pro salut]
e(?) Ti(beri) Caesaris Aug(usti) amphitheatr(um)
[--- cum p]odio C(aius) Iul(ius) C(ai) f(ilius) Rufus sacerdos Rom(ae) et Aug(ustorum)
[---] filii f(ilius) et nepos ex civitate Santon(um) d(e) s(ua) p(ecunia) fecerunt

Ab

op(time) pedico non fu[to(?)]

„Für das Heil des Tiberius Cäsar Augustus haben das Amphitheater (mit einem Podium?) C. Iulius Rufus, der Sohn des Caius, Priester der Roma und des Augustus (und?) der Sohn seines Sohnes sowie sein Enkel aus der civitas der Santonen aus eigenem Geld erbauen lassen.”

Kommentar: C. Iulius Rufus ließ neben diesem Amphitheater in seiner Heimatstadt Saintes im Jahre 18/19 n.Chr. einen Bogen zu Ehren des Kaisers Tiberius und seiner Söhne Germanicus und Drusus d.J. errichten. Der Bogen ist noch heute erhalten (Öffnet externen Link in neuem FensterBilder). Aus seiner Stifterinschrift CIL XIII 1036 (Öffnet externen Link in neuem FensterEDH) geht seine Ahnenreihe von seinem Urgroßvater Epotsorovidius über seinen Großvater C. Iulius Agedomopas und seinen Vater C. Iulius Catuaneunus hervor. Die Weihung des Amphitheaters wird in die gleiche Zeit zu datieren sein.

Literatur: J. Guey - A. Audin, Cahiers d'Art et d'histoire 3,2, 1958; diess., La dédicace de l'amphithéâtre de Trois Gaules, Bull. de monuments et musées lyonnais 1958, 59-67; Öffnet externen Link in neuem Fensterdiess., CRAI 1958, 106-109; R. Bedon – R. Chevallier – P. Pinon, Architecture et urbanisme en Gaule Romaine, I (Paris 1988) 235; L. Tranoy, Mediolanum Santonum, in: Simulacra Romae, in: J.R. de Arbulo (Hrsg.), Roma y las capitales provinciales del Occidente Europeo, Estudios Arqueológicos, Tarragona 2002 (Tarragona 2004) 223-237, bes. 233-235 (zu C. Iulius Rufus); Chr. Witschel, Die Wahrnehmung des Augustus in Gallien, im Illyricum und in den Nordprovinzen des römischen Reiches, in: D. Kreikenbom – K.-U. Mahler – P. Schollmeyer – Th. Weber (Hrsg.),  Augustus, der Blick von aussen: die Wahrnehmung des Kaisers in den Provinzen, Akten der Internationalen Tagung an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz vom 12. bis 14. Oktober 2006 (Wiesbaden 2008) 81; F. Dumasy, Théâtres et amphithéâtres dans les cités de Gaule Romaine: fonctions et répartition, in: M.E. Fuchs - B. Dubosson (Hrsg.), Theatra et spectacula. Les grands monuments des jeux dans l'Antiquité, Etudes de Lettres, 288 (Lausanne 2011) 203 f.

Lyon, Bauinschrift des Amphitheaters.

Sitzplatzinschriften; CIL XIII 1667:

CIL XIII 1667a; EAOR V 78,1:

[---] Arv(erni)
Bit(uriges) C(ubi)
Bit(uriges) C(ubi)
Bit(uriges) C(ubi)

Lit.: Chr. Landes u.a. (Hrsg.), Les gladiateurs, Katalog der Ausstellung Lattes - Toulouse 1987 (Lattes 1987) 118 Nr. 18 Abb.

CIL XIII 1667b; EAOR V 78,2:

Bit(uriges)] C(ubi)
Bit(uriges) C(ubi)
Bi[t(uriges) C(ubi)

CIL XIII 1667c; EAOR V 78,3:

Tri(casses)
Tri(casses)

CIL XIII 1667d; EAOR V 78,4:

locus(?)] n(umero) I des(ignata?) loca n(umero) XX [

CIL XIII 1667e; EAOR V 79,1:

lo]ca la[---]
[--- Augu]stal[ibus(?)?]
[--- Aug]usta[libus(?)

CIL XIII 1667f; EAOR V 78,5; AE 2000, 947:

] I() S() [ 

 ] P(ubli?) I() M() C(ai) C() R() [

CIL XIII 1667g; EAOR V 79,2:

] Au[gustalibus(?)

CIL XIII 1667h; EAOR V 79,3:

]VIN[

CIL XIII 1667i; EAOR V 79,4a; AE 2000, 942:

C(ai?) Iu[li(?)

CIL XIII 1667k; EAOR V 79,5:

]MA[---]
[---]MI Saturnali [

Kommentar: Die Sitzplatzinschriften gehören den zum gallischen Landtag entsandten Mitgliedern. Hier sind die Reservierungen für die Delegierten der Bituriges Cubi aus der Gegend von Bourges belegt, für Vertreter der Arverner und diejenigen der Öffnet externen Link in neuem FensterTricassi. Andere gehörten den Augustalen, d.h. Angehörigen eines Kollegiums zur Pflege des Kaiserkultes.

Lit.: Carte archéologique de la Gaule, 69,2, p 295; AE 2000, 938; Th. Hufschmid, Amphitheatrum in Provincia et Italia. Architektur und Nutzung römischer Amphitheater von Augusta Raurica bis Puteoli , Forschungen in Augst 43,1 (Augst 2009) 34; T. Jones, Pre-Augustan Seating in Italy and the West, in: T. Wilmott (Hrsg.), Roman Amphitheatres and spectacula: a 21st-Century Perspective, Papers from an international conference held at Chester, 16th-18th February, 2007, BAR Int. Ser. 1946 (Oxford 2009) 127-139.

 

Lyon, Amphitheater (Photo: wikimedia).
Lyon, Zugang zum Amphitheater (Photo: wikimedia).

Maße

Innen: 41,85 x 67,8 m
Außen: 60 x 80 m (1. Phase); 117,35 x 143,30 m (2. Phase).

Beschreibung

Das Amphitheater liegt ganz in der Nähe des Heiligtums der Tres Galliae für Roma und Augustus, zu dem es funktional gehörte. Dieses wurde in einer ersten Bauphase durch den Priester der Roma und des Augustus C. Iulius Rufus aus der Civitas Santonum einige Jahre später als die Gründung des Heiligtums unter der Regentschaft des Kaisers Tiberius erbaut. In dieser frühen Phase bestand das Amphitheater lediglich aus einem einzigen Sitzrang mit einer geschätzten Zuschauerkapazität von nur 1.800 - 3.000 Mann. Die Substruktionen der Zuschauerränge bestanden aus konzentrisch geführten Mauern, zwischen denen acht Durchgänge zum Rand der Arena führten. Ein überwölbter Raum unterhalb des westlichen Teils der Zuschauerränge könnte ein Heiligtum (der Nemesis?) gewesen sein, wie sie oft in Amphitheatern vorkommen. Darüber lag eine Ehrenloge von 15 m Länge. Breitere Zugänge lagen in der Längsachse und führten unmittelbar in die Arena. Die Arena war nicht unterkellert.

Im Laufe des 1. Jhs. wurden die Orthostatenblöcke der Podiumsmauer der Arena erneuert.

Vermutlich im 2. Jh. wurde die Anlage dann großartig erweitert. In der älteren Forschung hat man diese Erweiterung mit einem Inschriftenfragment in Verbindung gebracht, das in der Arena gefunden wurde und als Teil einer monumentalen Bauinschrift galt: Die Buchstaben (Gallia 22, 1964, 47 Nr. 10; ILTG 218) wurden auf den Finanzprokurator C. Iulius Celsus, der aus CIL XIII 1808 gut bekannt ist, bezogen. Nach neuerer und akzeptierter Lesung handelt es sich allerdings um einen anonyme Grabinschrift  (AE 2000, 946), so dass dieses Zeugnis als Bauinschrift der 2. Phase ausscheidet. In dieser Bauphase wurde der Zuschauerraum nun deutlich ausgeweitet und durch ein System konzentrischer und radialer Mauer gestützt. Die alten Eingänge wurden beibehalten, der Nordeingang erhielt aber zusätzliche seitliche Gänge, die ihre regulierende Funktion beim Einlaß von Tieren für venationes gehabt haben dürften. Die Außenfassade kann man sich mit Blendarkaden gegliedert vorstellen, vermutlich in 3 Etagen und einer bekrönenden Attikazone.

Literatur

P. Wuilleumier, Lyon. Métropole des Gaules (Paris 1953) 71.

A. Audin, Essai sur la topographie de Lugdunum (Lyon 1958)

Öffnet externen Link in neuem FensterP. Quoniam - A. Audin, Victoires et colonnes de l'autel fédéral des Trois Gaules: données nouvelles, Gallia 20, 1962, 103-116.

A. Audin, Lyon, miroir de Rome dans les Gaules (Paris 1965)

Öffnet externen Link in neuem FensterA. Audin - J. Guey, L'amphithéâtre des Trois-Gaules à Lyon, Gallia 20, 1962, 117-145.

W. Seston, Les donateurs de l’amphitheâtre des Trois-Gaules, in: Hommages à Albert Grenier, Collection Latomus 58 (Brüssel 1962) 1407 ff.

Öffnet externen Link in neuem FensterJ. Guey - A. Audin, L’amphithéâtre des Trois Gaules à Lyon, Gallia 22, 1964, 37 ff.

A. Audin, L'amphithéâtres des Trois Gaules, Latomus 1969, 19-27.

A. Audin - M. Leglay, L'amphithéâtre des Trois Gaules à Lyon: première campagne des fouilles, Gallia 28, 1970, 67-89.

Öffnet externen Link in neuem FensterA. Audin, L'amphithéâtre des Trois Gaules à Lyon, nouvelles campagnes et fouilles, Gallia 37, 1979, 87-100.

A. Audin, Lyon - L'amphithéâtre des Trois Gaules, Doss. Hist. et Arch. 116, 1987, 30-33.

R. Bedon – R. Chevallier – P. Pinon, Architecture et urbanisme en Gaule Romaine, I (Paris 1988) 267.

J.Cl. Golvin, L'amphithéâtre romain. Essai sur la théorisation de sa forme et de ses fonctions, I-II (Paris 1988) 117 f. Nr. 85; 197 Nr. 171 Taf. XVII 1.

Alain Bouet, Amphithéâtres et sanctuaires du culte impérial en Occident romain: les liens urbanistiques, in : A. Bouet (Hrsg.), D’Orient et d’Occident, Mélanges offerts à Pierre Aupert, Mémoires 19 (Bordeaux 2008) 269-293 (Öffnet externen Link in neuem Fensteracademia.edu).

Th. Hufschmid, Amphitheatrum in Provincia et Italia. Architektur und Nutzung römischer Amphitheater von Augusta Raurica bis Puteoli , Forschungen in Augst 43,1 (Augst 2009) 169.

weblinks:

Öffnet externen Link in neuem Fensterfr.wikipedia.org/wiki/Amphithéâtre_des_Trois_Gaules

Zum Heiligtum der Tres Galliae und zum Altar der Roma und des Augustus

Sesterz, geprägt 9-14 n. Chr. in Lugdunum. Vs.: CAESAR AVGVSTVS DIVI F PATER PATRIAE, Augustus mit belorbeertem Kopf nach rechts. Rs.: ROM ET AVG (im Abschnitt), Altar von Lyon, verziert mit Eichenkranz zwei Lorbeerzweigen und zwei stilisierten, männlichen Figuren; rechts und links davon eine Säulen mit einander anschauenden, kranzhaltenden Victorien. RIC² 231a (S); BMC 565.

Am 1. August des Jahres 12 v.Chr. errichtete Drusus d.Ä. am Zusammenfluß von Rhone und Saone einen Altar für Roma und Augustus und erhob den Ort zum Sitz des Landtages der Drei Gallischen Provinzen. Das Heiligtum kann auf dem Hügel Croix Russe auf einer 296 x 69 m großen und zu einem guten Teil künstlich angelegten Terrasse lokalisiert werden, ganz in der Nähe des Amphitheaters. Vom Altar fanden sich 1859 als Teile einer Kanalabdeckung mehrere Bruchstücke der Marmorplatten des Altares, die u.a. die Buchstaben Ro[mae et Augusto trugen (CIL XIII 1664 = CAG-69-02, p 279), sowie Reste von Eichengirlanden aufweisen. Das weitere Aussehen des Altares geht aus Münzbildern hervor, die eine Schrankenplatte zwischen zwei ionischen Säulen zeigen, auf denen je eine Victoria mit einem Siegeskranz steht. Auf der Schrankenplatte dazwischen sieht man in der Mitte einen großen Kranz und an den Seiten zwei kleine stilisierte Figuren (?). Dazwischen sind 2 Lorbeerbäume platziert. Die Säulen sind in der St.-Martin-Kirche in Ainay wiederverwendet worden und waren zusammen mit den Victorien ca. 14 m hoch. Zu einem späteren Zeitpunkt erhielt das Heiligtum einen Tempel, auf den in Ehreninschriften der amtierenden Priester verwiesen wird.

Im Heiligtum bekamen die amtierenden Priester Ehrenstatuen aufgestellt, von denen eine Reihe von Inschriftenbasen erhalten sind. Die Texte der Inschriften folgen einem standardisierten Formular. Auch in ihrer Heimat bekamen die Priester in der Regel Ehrenstatuen aufgestellt, von denen sich wiederum mehrere Beispiele erhalten haben, in denen auch ihr Priesteramt genannt wird. Das Ehrenamt besaß höchstes Ansehen, war aber auch mit erheblichen Kosten verbunden, wie etwa den Veranstaltungen im zugehörigen Amphitheater.

Quellen

Juvenal, sat. 42-44:

accipiat sane mercedem sanguinis et sic
palleat ut nudis pressit qui calcibus anguem
aut Lugudunensem rhetor dicturus ad aram.

„Von mir aus mag er den Preis für seinen Lebenssaft empfangen und so bleich sein wie einer, der mit bloßer Ferse auf eine Schlange trat, oder wie ein Rhetor, der am Altar in Lyon vortragen soll." (Übers. H.C. Schnur)

Livius, per. 139:

Civitates Germaniae cis Rhenum et trans Rhenum positae oppugnantur a Druso, et tumultus, qui ob censum exortus in Gallia erat, conponitur. Ara dei Caesaris ad confluentem Araris et Rhodani dedicata, sacerdote creato C. Iulio Vercondaridubno Aeduo.

„Die germanischen Stämme diesseits und jenseits des Rheins wurden von Drusus angegriffen und der Aufruhr beigelegt, der in Gallien wegen der Erhebung der Daten zur Besteuerung des Landes ausgebrochen war. Ein Altar des Gottes Cäsar wurde am Zusammenfluß von Saone und Rhone geweiht und der Häduer Öffnet externen Link in neuem FensterC. Iulius Vercondaridubnus zum Priester gewählt."

Öffnet internen Link im aktuellen FensterSueton, Caligula 35,2.
Sueton, Claudius 2,1:

Claudius natus est Iullo Antonio Fabio Africano conss. Kal. Aug. Luguduni eo ipso die quo primum ara ibi Augusto dedicata est, appellatusque Tiberius Claudius Drusus.

„Claudius wurde unter dem Konsulat des Iullus Antonius und Fabius Africanus am 1. August in Lyon geboren, am gleichen Tag, an dem man dort zum ersten Mal einen Augustusaltar weihte, und er wurde Tiberius Claudius Drusus genannt."

Strabo IV 3,2 (192; Öffnet externen Link in neuem Fenstergriech. Text):

αὐτὸ μὲν δὴ τὸ Λούγδουνον ἐκτισμένον ὑπὸ λόφῳ κατὰ τὴν συμβολὴν τοῦ τε Ἄραρος τοῦ ποταμοῦ καὶ τοῦ Ῥοδανοῦ κατέχουσι Ῥωμαῖοι. εὐανδρεῖ δὲ μάλιστα τῶν ἄλλων πλὴν Νάρβωνος: καὶ γὰρ ἐμπορίῳ χρῶνται καὶ τὸ νόμισμα χαράττουσιν ἐνταῦϑα τό τε ἀργυροῦν καὶ τὸ χρυσοῦν οἱ Ῥωμαίων ἡγεμόνες. τό τε ἱερὸν τὸ ἀναδειχϑὲν ὑπὸ πάντων κοινῇ τῶν Γαλατῶν Καίσαρι τῷ Σεβαστῷ πρὸ ταύτης ἵδρυται τῆς πόλεως ἐπὶ τῇ συμβολῇ τῶν ποταμῶν: ἔστι δὲ βωμὸς ἀξιόλογος ἐπιγραφὴν ἔχων τῶν ἐϑνῶν ἑξήκοντα τὸν ἀριϑμὸν καὶ εἰκόνες τούτων ἑκάστου μία καὶ ἄλλος ἀνδριὰς μέγας. προκάϑηται δὲ τοῦ ἔϑνους τοῦ Σεγοσιανῶν ἡ πόλις αὕτη, κειμένου μεταξὺ τοῦ Ῥοδανοῦ καὶ τοῦ Λίγηρος.

„Lugdunum selbst also, auf einem Hügel am Zusammefluss von Saône und Rhone erbaut, besitzen die Römer. Es ist nach Narbo die volkreichste Stadt unter allen. Denn die römischen Statthalter brauchen sie als Handelsplatz und lassen daselbst sowohl Silber- als auch Goldmünzen prägen. Auch ist das von allen Galliern zusammen dem Kaiser Augustus geweihte Heiligtum vor dieser Stadt neben der Vereinigung der Flüsse erbaut. Es ist ein großartiger Altar, welcher als Inschrift die Namen der Völkerschaften, sechzig an der Zahl, und von jeder eine Statue enthält, ferner ein großes Standbild des Kaisers. Diese Stadt führt den Vorsitz beim Volk der Segusianer, welches zwischen der Rhone und der Loire wohnt."

Cassius Dio LIV 32,1 (Öffnet externen Link in neuem Fenstergriech. Text):

τ δ ατ τοτο κα τ Δρούσ συνέβη. τν τε γρ Συγάμβρων κα τν συμμάχων ατν διά τε τν το Αγούστουπουσίαν κα δι τ τος Γαλάτας μὴ ἐϑελοδουλεν πολεμωϑέντων σφίσι, τό τεπήκοον προκατέλαβε, τος πρώτους ατο, προφάσει τςορτςν κα νν περ τν το Αγούστου βωμνν Λουγδούν τελοσι, μεταπεμψάμενος, κα τος Κελτος τηρήσας τν Ῥῆνον διαβαίνονταςνέκοψε.

„Auch Drusus mußte eben diese Erfahrung machen. Die Öffnet externen Link in neuem FensterSugambrer und ihre Bundesgenossen hatten nämlich, da Augustus nicht zugegen war und die Gallier sich gegen die Sklaverei sträubten, mit Krieg begonnen. Daraufhin nahm Drusus das unterworfene Gebiet vorweg in Besitz, entbot die dort wohnenden Adeligen unter dem Vorwand zu sich, das Fest, das sie auch heute noch am Altar des Augustus in Lugdunem begehen, zu besuchen, und wartete dann die Germanen ab. ... " (Übers. O. Veh)

Tables Claudiennes; CIL XIII 1668 (Öffnet externen Link in neuem FensterBild).

Die Bronzetafeln mit einer Rede des Kaisers Claudius zur Aufnahme gallischer principes in den römischen Senat wurde in einer Abschrift im Heiligtum der Roma und des Augustus aufbewahrt.

Literatur: F. Vittinghoff, Zur Rede des Kaisers Claudius über die Aufnahme von Galliern in den römischen Senat, Hermes 82, 1954, 348-371; H. Freis, Historische Inschriften zur römischen Kaiserzeit von Augustus bis Konstantin, Texte zur Forschung, 49 (Darmstadt 1984)  59-62 Nr. 34; H. Botermann, Wie aus Galliern Römer wurden (Stuttgart 2005) 324-328.

CIL XIII 1670 (Öffnet externen Link in neuem FensterBild):

[Di]anae Aug(ustae) sacrum
in honor(em) pagi Condat(ensis)
C(aius) Gentius Olillus
magister pagi bis
cuius dedicatione hono-
ratis praesentib(us) dedit
[e]puli |(denarios) II
l(ocus) d(atus) d(ecreto) p(aganorum) Cond(atensium)

Ehreninschrift; CIL XIII 1688; ILTG 219; ILS 7021; AE 1974, 421:

L(ucio) Besio Superiori
Viromand(uo) eq(uiti) R(omano)
omnibus honori[b(us)]
apud suos functo
patrono nautar(um)
Araricor(um) et Rho-
danicor(um) patron(o)
[C]onde[atiu]m et
[Arc]arior(um) Lugud(uni)
consistentium
allect(ori) ark(ae) Galliar(um)
ob allectur(am) fideli-
ter administratam
tres provinc(iae) Gallia[e]

„Dem Lucius Besius Superior, Viromanduer, dem römischen Ritter, mit allen Ehren in seinem Heimatort ausgestattet, dem Patron der Schiffer auf der Saône und der Rhone, dem Patron der Condatier und der Arecarier, die in Lugdunum zusammentreten, dem Kassierer der Beitragszahlungen für die Kasse der Gallier wegen der treuen Einsammlungen und Verwaltung (haben) die Drei Gallischen Provinzen (die Ehrenstatue aufgestellt)."

Kommentar: Der dem Ritterstand angehörige L. Besius Superior gehörte zum Stamm der Viromanduer und war Patron der Schiffer auf der Rhone und der Saône. Sein Patronat über die Candatier wird so zu verstehen sein, dass hiermit die Schiffer aus Condate gemeint sind, d.h. jenem Teil des heutigen Lyon, der auf dem Hügel zwischen den beiden Flüssen liegt. Die Bedeutung der Arecarii ist dagegen unbekannt.

Ehreninschrift; CIL XIII 1697 (Öffnet externen Link in neuem FensterBild):

L(ucio) Lentulio
Censorino
Pictavo
omnibus ho-
noribus apud
suos functo
curatori Bit(urigum)
Viviscorum
inquisitori
tres provinc-
iae Galliae

„Dem Lucius Lentulius Censorinus, Pictaver, mit allen Ehren in seinem Heimatort ausgestattet, Kurator bei den Bituriges Vivisci, Inquisitor, (haben) die Drei Gallischen Provinzen (die Ehrenstatue aufgestellt)."

Ehreninschrift; CIL XIII 1706:

C(aio) Servilio
Martiano
Arverno
C(ai) Servilii
Domiti filio
sacerdoti ad
templum Romae
et Augustorum
tres provinciae
Galliae

„Dem Caius Servilius Martianus, Arverner, Sohn des C. Servilius Domitus, Priester am Tempel der Roma und der Augusti (haben) die Drei Gallischen Provinzen (die Ehrenstatue aufgestellt)."

Ehreninschrift; CIL XIII 1709:

L(ucio) Tauricio
Florenti Taurici
Tauriciani filio
Veneto
allecto ark(ae) Gall(iarum)
patron(o) nautar(um)
Araricorum et
Ligericor(um) item
Arecar[i]orum et
Condeatium
[I]II provinc(iae) Galliae

„Dem Lucius Tauricius Florentus, dem Sohn des Tauricianus, vom Stamm der Veneter, dem Kassierer der Kasse der Gallier, dem Patron der Schiffer der Saône und der Loire wie auch der Arecarier und der Bewohner von von Condate (haben) die Drei Gallischen Provinzen (die Ehrenstatue aufgestellt)."

Kommentar: allector arkae war die Person, die für das Einsammeln der Beiträge in die Kasse des Heiligtums zuständig war.

Ehreninschrift; CIL XIII 1714 (Öffnet externen Link in neuem FensterBild):

]
Aeduo
summis [honoribus]
apud suos functo
sacerdoti ad templ(um)
Rom(ae) et Aug(ustorum) ad con-
fluent(es) Araris et Rho-
dani
[

„ Dem ... Häduer, mit den höchsten Ehren in seiner Heimatstadt ausgestattet, dem Priester beim Tempel der Roma und der Augusti am Zusammenfluss von Saône und Rhone, ... "

Den Priestern im Heiligtum der Tres Galliae wurden auch in ihrer Heimat Ehrenstatuen aufgestellt: CIL XIII 3144 (Heiligtum des Mars in Corseul); AE 1969/70, 405a (Condate Redonum/Rennes; Öffnet externen Link in neuem FensterBild); Ehreninschrift des Titus Sennius Solemnis in Öffnet externen Link in neuem FensterVieux.

Darstellungen:

Münzbilder des Roma-und-Augustus-Altars:

Öffnet externen Link in neuem Fensterweblink

Literatur: Öffnet externen Link in neuem FensterE.C. Martin-Daussigny, Notice sur la découverte des restes de l'autel d'Auguste, Mèmoires de l'Académie de Lyon, classes des lettres, 11, 1863, 111-136; ders., Compte rendu des séances archéologiques tenues à Lyon en 1862, 418 ff.; H. d'Arbois de Jubainville, Le cycle mythologique irlandais et la mythologie celtique: Cours de littérature celtique, II (Paris 1904) 138 f.; J. Toutain, Société nationale des antiquaires de France. Centenaire 1804-1904. Recueil de mémoires (Paris 1904) 455-459; ders., Les cultes païens dans l'empire romain, I (Paris 1905) 32; E. Espérandieu, Recueil général des bas-reliefs de la Gaule romaine,  III Lyonnaise () Nr. 1758; H. Dragendorff, Der Altar der Roma und des Augustus in Lugdunum, Jahrb. DAI 52, 1937, 111-119; A. Audin, Essai sur la topographie de Lugdunum (Lyon 1956) 149-160; A. Audin, L'omphalos de Lugdunum, in: Hommages à Albert Grenier, I (Brüssel 1962) 152-164; J. Bousquet, Inscriptions latines de Corsueil, Gallia 30, 1972, 284-288; J. Deininger, Die Provinziallandtage der römischen Kaiserzeit (München 1965) 22. 104-107; A. Audin, Lyon, Miroir de Rome (Paris 1979) 89 ff.; R. Turcan, L’autel de Rome et d’Auguste "Ad Confluentem", in: ANRW II 12,1 (Berlin - New York 1982) 607-644; U. Süßenbach, Der Reichsaltar der Roma und des Augustus in Lugdunum, Bonner Jahrbücher 191, 1991, 73-96; M.P. Darblade-Audoin, Lyon. Nouvel Espérendieu. Récueil général des sculptures sur la pierre de Gaule, II (Paris 2006) 111-113 Taf. 119-121; D. Fiswick, The Imperial Cult in the Latin West, I (Leiden 1987) 97-137; II (Leiden 1991) 580 ff.; C.J. Simpson, The Birth of Claudius and the Date of the Dedication of the Altar Romae et Augustae at Lyon, Latomus 46, 1987, 586-592; J.-Cl. Decourt - G. Lucas, Lyon dans les textes grecs et latins (Lyon - Paris 1993); J.W. Rich, The Foundation of the Altar of Roma and Augustus at Lugdunum, in: Tria Lustra, essays and notes presented to John Pinsent, Liverpool Classical Monthly = Liverpool Classical Papers, 3 (Liverpool 1993) 193-201; W. van Andringa, La religion en Gaule romaine. Piété et politique (Ier - IIIe siècle apr. J.-C.) (Paris 2002) 33-39; K. Bringmann - Th. Schäfer, Augustus und die Begründung des römischen Kaisertums (Berlin 2002) 344 f.; A. Desbat, Nouvelles données sur les origines de Lyon et sur les premiers temps de la colonie de Lugdunum, in: J.R. de Arbulo (Hrsg.), Simulacra Romae. Roma y las capitales provinciales del Occidente Europeo, Estudios Arqueologicos, Tarragona 2002 (Tarragona 2004) 201-222; D. Fishwick, The Imperial Cult in the Latin West. Studies in the Ruler Cult of the Western Provinces of the Roman Empire, III 4 (Leiden 2005) 105-127.

weblinks:

Öffnet externen Link in neuem Fensterhttp://fr.wikipedia.org/wiki/Sanctuaire des_trois_Gaules

Darstellungen und Funde

Grabstein eines dimachaerus und essedarius; CIL XIII 1997; ILD 5097:

D(is) M(anibus)
et
memoriae
aeternae Hylatis
dymachero sive
essedario p(ugnarum) VII ru(di) I
Ermais coniu(n)x
coniugi karissimo
p(onendum) c(uravit) et s(ub) a(scia) d(edicavit)

„Den göttlichen Manen und zur ewigen Erinnerung an Hylas, den Dimachaerus und Essedarius mit 7 Kämpfen, dem Oberschiedsrichter, hat seine Frau Ermais für ihren liebsten Ehemann Sorge getragen, (das Grabmal) setzen zu lassen und es sub ascia geweiht."

Lit.: G. Ville, La gladiature en Occident des origines à la mort de Domitien, Bibliothèque des Écoles Françaises d’Athènes et de Rome, 245 (Rom 1981) 326; C. Vismara - M.L. Caldelli, Epigrafia anfiteatrale dell’Occidente Romano, V. Alpes Maritimae, Gallia Narbonensis, Tres Galliae, Germaniae, Britannia, Vetera. Ricerche di storia epigrafia e antichità, 14 (Rom 2000) 103 f. Nr. 62; Taf. XXVI 3; R. Friedl, Der Konkubinat im kaiserzeitlichen Rom, Historia Einzelschriften, 98 (Stuttgart 1996) 160.

Mosaik:

Literatur: J.-P. Darmon, Mosaïques d'amphithéâtres en Occident, in: C. Domergue - Chr. Landes - J.-P. Pailler (Hrsg.), Spectacula I, Gladiateurs et amphithéâtres, Actes du colloque tenu à Toulouse et à Lattes les 26, 27, 28 et 29 mai 1987 (Lattes 1990) 147-149.

Wandmalerei

Graffiti von Gladiatoren; FO: Externat Sainte-Marie; AO: Lyon, Mus. gallo-romaine:

Lit.  Chr. Landes u.a. (Hrsg.), Les gladiateurs, Katalog der Ausstellung Lattes - Toulouse 1987 (Lattes 1987) 103 f. Nr. 3; J.-Cl. Golvin - Chr. Landes, Amphithéâtres et gladiateurs (Paris 1990) 210 Abb.

Glas

Gladiatorenbecher; FO: rue des Farges; AO: Lyon, Musée de la civilisation gallo-romain:

Becher mit den inschriftlich bezeichneten Gladiatoren P]etraites Prudens Proculus [Cocumbus.

Literatur: G. Sennequier, Nouveaux aperçus sur deux verres gallo-romains du musée des Antiquités de Rouen: une coupe à course de chars et un gobelet à gladiateurs, in: Annales de 7e Congrès de l'Association Internationale pour l'Histoire du Verre, Berlin - Leipzig, 15-21 août 1977 (Lüttich 1979) 92 Nr. C I 13; I. Odenhardt-Donvez, Les verres du chantier de la rue des Farges à Lyon, Mèmoire de maîtrise dactylographié, Lyon 1983, Nr. 81; A. Desbat, Les fouilles de la rue des Farges à Lyon 1974-1980 (Lyon 1984) 63 Abb. 73; G. Sennequier, Les verres romains à scènes de spectacles trouvés en France, Association française pour l’archéologie du verre (Rouen 1998) 129 Nr. 61 Taf. IV.

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Öffnet internen Link im aktuellen FensterMartyrium der Blandina, des Attalus, Maturus und Sanktus im Jahre 177;

Quellen:

Eusebius, Historia ecclesiastica V 36-61:

(36) ... Die Leiden nahmen sodann ein ganz verschiedenes Ende. Aus bunten Farben und mannigfachen Blumen flochten die Märtyrer einen einzigen Kranz und brachten ihn dem Vater dar. Und es sollten die edlen Helden für die verschiedenen Kämpfe, die sie mutig bestanden hatten, und für ihre herrlichen Siege den schönen Kranz der Unsterblichkeit empfangen.

(37) Maturus, Sanktus, Blandina und Attalus wurden den wilden Tieren im Amphitheater als öffentliches Schauspiel roher Heiden vorgeworfen; unsertwegen wurde nämlich ein außerordentlicher Tierkampf festgesetzt.

(38) Maturus und Sanktus mussten im Amphitheater noch einmal alle möglichen Martern über sich ergehen lassen. Gerade als wenn sie vorher überhaupt noch nichts zu leiden gehabt oder vielmehr als wenn sie ihren Widersacher bereits in mehreren Waffengängen bezwungen hätten und es den Kampf um den Siegeskranz selbst gelte, ertrugen sie von Neuem alle hier üblichen Geißelhiebe, das Umherzerren durch die wilden Tiere und alles, was die rasende Menge bald da, bald dort mit Geschrei verlangte, und zuletzt noch den eisernen Stuhl; das Rösten ihrer Glieder auf demselben hüllte sie in Fettdampf.

(39) Aber auch damit gaben sich die Heiden nicht zufrieden. Sie gerieten immer mehr in Raserei und wollten Herr über ihre Standhaftigkeit werden. Doch trotzdem bekamen sie von Sanktus nichts anderes zu hören als das Bekennerwort, das er von Anfang an zu sprechen pflegte.

(40) Da die Märtyrer trotz des schweren Ringens immer noch am Leben blieben, wurden sie schließlich getötet, an jenem Tage an Stelle der ganzen bunten Reihenfolge in den Gladiatorenkämpfen der Welt zum Schauspiel geworden.

(41) Blandina wurde an einem Pfahle aufgehängt und sollte den auf sie losgelassenen wilden Tieren zur Speise dienen. Dadurch dass die Angeknüpfte in ihrem inbrünstigen Gebete die Kreuzesform zeigte, flößte sie den Kämpfern großen Mut ein; denn in ihrem Kampfe schauten sie so mit ihren fleischlichen Augen in der Schwester den, der für sie gekreuzigt worden war. Damit wollte sie die Gläubigen überzeugen, dass jeder, der um der Herrlichkeit Christi willen leidet, für immer in Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott steht.

(42) Da nun keines der wilden Tiere Blandina berührte, wurde sie vom Holze abgenommen und wiederum in den Kerker geworfen, um sie für einen neuen Kampf aufzubewahren. In wiederholtem Ringen sollte sie Siegerin werden, um der listigen Schlange ein unvermeidliches Schicksal zu bereiten. Sie, die kleine, schwache, verachtete Christin, sollte, angetan mit dem großen, unbesiegbaren Kämpfer Christus, in vielen Waffengängen den Widersacher niederwerfen und im Ringen mit dem Kranze der Unsterblichkeit gekrönt werden, um so die Brüder zu ermuntern.

(43) Als auch Attalus, der ein angesehener Mann war, von der Menge ungestüm verlangt wurde, trat er infolge seines guten Gewissens kampfbereit ein; denn trefflich hatte er sich in den Reihen der christlichen Kirche geschult und stets hatte er bei uns der Wahrheit Zeugnis gegeben.

(44) Während er im Amphitheater herumgeführt wurde unter Voraustragung einer Tafel mit der lateinischen Aufschrift ‚Dies ist Attalus, der Christ’ und während das Volk gegen ihn wütete, erfuhr der Statthalter, dass er ein Römer sei, weshalb er befahl, ihn zu den Übrigen zurückzuschicken, die im Kerker waren, und darüber an den Kaiser berichtete, dessen Weisung er nun abwartete.

(45) Die Zwischenzeit aber verlief für die Märtyrer nicht in Untätigkeit und ohne Erfolge. Gerade in ihrem geduldigen Ausharren offenbarte sich die unermessliche Barmherzigkeit Christi. Durch die Lebendigen wurden nämlich die Toten wieder zum Leben erweckt; die Glaubenszeugen wurden zur Gnade für die, welche den Glauben nicht bekannt hatten. Große Freude wurde der jungfräulichen Mutter zuteil, da sie die, welche sie tot geboren, als Lebende erhielt.

(46) Durch jene Märtyrer wurden die meisten derer, die den Glauben verleugnet hatten, noch einmal in ihren Schoß aufgenommen, um noch einmal zum Leben geboren zu werden. Durch jene lernten sie bekennen und traten sie nunmehr voll lebendiger Kraft unter dem liebevollen Einfluß Gottes, der nicht den Tod des Sünders will, sondern sich dem Reuigen barmherzig erweist, vor den Richterstuhl, um sich von neuem durch den Statthalter ausfragen zu lassen.

(47) Da der Kaiser in seinem Reskripte verordnete, die einen hinzurichten, die aber, welche den Glauben verleugneten, freizugeben, ließ der Statthalter zu Beginn des hiesigen großen Festes, zu welchem große Scharen von Menschen aus allen Völkern zusammenströmen, die Heiligen zu Ehren der Masse in theatralischem Pomp vor seinen Richterstuhl führen. Nach einem abermaligen Verhöre ließ er die, welche sich als römische Bürger erwiesen, enthaupten, die übrigen aber den wilden Tieren vorwerfen.

(48) In besonderer Weise wurde Christus durch die verherrlicht, welche ehedem ihren Glauben verleugnet hatten, nunmehr aber sich wider die Erwartung der Heiden als Christen bekannten. Man wollte sie nach gesondertem Verhöre in Freiheit setzen; doch sie bekannten den Glauben und gesellten sich zu der Schar der Märtyrer. Ferne davon aber blieben diejenigen, welche nie eine Spur von Glauben, nie Sinn für ein bräutliches Gewand, nie Verständnis für Gottesfurcht hatten, sondern schon durch ihren Lebenswandel den Weg gelästert hatten. Ich meine die Kinder des Verderbens. Alle anderen aber schlossen sich der Kirche an.

(49) Während des Verhöres stand neben dem Richterstuhle ein gewisser Alexander aus Phrygien, Arzt von Beruf, der sich schon viele Jahre in Gallien aufhielt und fast überall wegen seiner Liebe zu Gott und seiner Offenheit im Reden bekannt war; er besaß nämlich apostolische Gaben. Da er die Christen durch Zuwinken zum Bekenntnisse ermunterte, kam er denen, die den Richterstuhl umstanden, wie eine gebärende Mutter vor.

(50) Unwillig darüber, dass die, welche ehedem den Glauben verleugnet hatten, ihn nun wiederum bekannten, schimpfte die Menge über Alexander als den Urheber des Gesinnungswechsels, worauf der Statthalter ihn zur Rede stellte, ihn fragte, wer er sei, und ihn auf seine Erklärung hin, er sei Christ, voll Erbitterung zu den wilden Tieren verurteilte, denen er am folgenden Tage zugleich mit Attalus vorgeworfen wurde; denn um der Masse einen Gefallen zu erweisen, ließ der Statthalter Attalus noch einmal vor die wilden Tiere führen.

(51) Nachdem beide im Amphitheater alle möglichen ausgesuchten Foltern gekostet und den schwersten Kampf bestanden hatten, wurden auch sie schließlich getötet. Alexander klagte nicht, gab überhaupt keinen Laut von sich, sondern sprach nur in seinem Herzen mit Gott.

(52) Und Attalus richtete, als er auf den eisernen Stuhl gesetzt wurde und ringsum brannte und der Dampf vom Körper aufstieg, an die Menge auf Lateinisch die Worte: ‚Sehet! Was ihr tut, heißt man: Menschen verzehren; wir aber verzehren weder Menschen, noch tun wir sonst etwas Böses.’ Auf die Frage, welchen Namen Gott habe, antwortete er: ‚Gott hat nicht einen Namen wie ein Mensch.’

(53) Schließlich, am letzten Tage der Kampfspiele, wurde Blandina noch einmal vorgeführt mit Pontikus, einem jungen Menschen von etwa 15 Jahren; täglich waren sie hereingebracht worden, damit sie die Martern der Übrigen sähen. Man zwang sie nun, bei den Götzen zu schwören. Da sie aber standhaft blieben und die Götzen verachteten, wurde die Menge über sie erbittert, so dass sie weder mit der Jugend des Knaben Mitleid, noch vor dem weiblichen Geschlecht Ehrfurcht hatte.

(54) Man lieferte sie allen Schrecken aus und wandte gegen sie eine Folter nach der anderen an, um sie immer wieder zum Schwören zu veranlassen. Doch umsonst. Denn Pontikus, von der Schwester in einer Weise beeinflußt, dass auch die Heiden merkten, dass er ihretwegen Mut hatte und fest blieb, gab im standhaften Ertragen aller Peinen seinen Geist auf.

(55) Und nachdem die heilige Blandina als letzte von allen wie eine tüchtige Mutter ihre (geistigen) Kinder ermuntert und sie siegreich zum König vorausgeschickt hatte, musste auch sie noch alle Kämpfe der Kinder durchkosten, um dann, froh und jubelnd über das Ende, zu ihnen zu eilen. Es war, als wenn sie nicht den wilden Tieren vorgeworfen, sondern zu einem Hochzeitsmahle geladen worden wäre.

(56) Nachdem sie gegeißelt, den wilden Tieren vorgeworfen und geröstet worden war, steckte man sie zuletzt in ein Netz und warf sie einem Stiere vor. Als sie vom Tiere wiederholt emporgeschleudert worden war, wofür sie infolge ihrer unerschütterlichen Hoffnung auf das, was sie glaubte, und infolge ihres Verkehres mit Christus gar kein Empfinden mehr hatte, wurde auch sie getötet. Selbst die Heiden mussten zugeben, dass bei ihnen noch nie ein Weib so viele Qualen in solcher Weise erduldet hatte.

(57) Aber gleichwohl war ihre Wut und ihre Grausamkeit gegen die Heiligen nicht befriedigt. Denn, wilde und rohe Stämme, die ein wildes Tier aufgehetzt, ließen sie sich nur schwer besänftigen. Ihre Verwegenheit vergriff sich noch in eigenartiger Weise an den Leichnamen.

(58) Da sie sich nicht von menschlichem Verstande leiten ließen, brachte sie ihre Niederlage nicht zur Besinnung. Diese erregte vielmehr wie bei einem Tiere noch mehr ihren Zorn. Statthalter und Volk hörten nicht auf, an uns ihren ungerechten Hass auszulassen, damit die Schrift erfüllt werde: Der Sünder sündige noch mehr, und der Gerechte werde noch gerechter!’

(59) Diejenigen, welche im Gefängnis erstickten, wurden von ihnen den Hunden vorgeworfen. Und sorgfältig wachten sie Tag und Nacht darüber, dass wir keinen bestatteten. Die von den Tieren und vom Feuer übrig gelassenen, zerfleischten und verkohlten Körperreste und von den übrigen Märtyrern die Köpfe samt ihrem Rumpfe wurden zur Schau gestellt und ebenfalls mehrere Tage unter militärischer Bewachung unbeerdigt gelassen.

(60) Die einen knirschten über die Märtyrer vor Wut mit den Zähnen und verlangten noch grimmigere Rache an ihnen, die andern lachten und spotteten über sie unter Lobpreisung ihrer Götzen, denen sie die Bestrafung der Christen zu verdanken glaubten. Diejenigen aber, welche noch einigermaßen Würde beobachteten und noch etwas Mitleid zu haben schienen, schmähten, indem sie wiederholt fragten: ‚Wo ist ihr Gott? Was nützte ihnen ihre Gottesverehrung, die ihnen noch mehr wert war als ihr eigenes Leben?’

(61) So verschieden äußerten sich die Heiden. Bei uns aber herrschte große Trauer, weil wir die entseelten Körper nicht beerdigen konnten. Weder war uns die Nacht dazu behilflich, noch ließ sich mit Bestechung und mit Bitten etwas erreichen. Sorgfältig hielten die Wächter Wache, gleich als hätten sie großen Gewinn davon gehabt, dass sie unbeerdigt blieben.“ (Übersetzung nach Ph. Haeuser)

 

Literatur: F. Unruh, Religion, Strafe und Rausch im Amphitheater, in: H.-P. Kuhnen (Hersg.), Morituri. Menschenopfer - Todgeweihte - Strafgerichte, Begleitbuch der Ausstellung 13. Mai-5. November 2000, Schriftenreihe des Rheinischen Landesmuseums Trier 17  (Trier 2000) 85. 93 ff.