Nennig, römische Villa (Gallia Belgica)
Das Mosaik und die römische Villa von Nennig wurden 1852 entdeckt und bis 1872 oberflächlich untersucht. Kleine Nachuntersuchungen konnten 1960 und 1987-1991 durchgeführt werden. Die Villa ist eine der prächtigsten im Moselgebiet und stellt eine Risalitvilla dar, die durch einen auffallend langen Gang mit einem Bad verbunden ist. Die Erbauungszeit der Villa ist unbekannt, sicherlich jedoch älter als die Entstehungszeit des Gladiatorenmosaiks. Ebensowenig wissen wir über ihre Bewohner Genaueres.
Beschreibung
Maße: 15,65 x 10,30 m
Das Gladiatorenmosaik stammt aus dem Zentralraum der Villa. Sein polychromes Hauptfeld ist von einem rein geometrisch gegliederten schwarz-weiß-Streifen umgeben. Der polychrome Mosaikteil besteht aus Rautensternen und damit verbundenen achteckigen und quadratischen Bildfeldern, die durch aufwändige Zierborten gerahmt sind. Der Boden gehört zum Trierer Werkstattkreis und wird aufgrund seiner Zierbortenornamentik um 230/240 n.Chr. datiert.
Die Bildfelder scheinen den Programmablauf eines munus mit mehreren Kämpfen in der Arena zu spiegeln: Entsprechend sind im Folgenden die Bildfelder nummeriert. Am Anfang standen reine Tierkämpfe, gefolgt von Auseinandersetzungen von Tierkämpfern mit wilden Bestien. Hierbei wurden abwechslungsreich dramatische Höhepunkte mit einem venator gezeigt, der einem Bären unterlegen war, aber auch ein siegreich über einen Panther triumphierender Kämpfer. Musik auf der Wasserorgel begleitete die einzelnen Abschnitte. Ungewöhnlich ist das Bild eines älteren Wärters von einem Löwen, der augenscheinlich einem Esel den Kopf abgerissen hatte, sicherlich eine spektakuläre Grausamkeit. Am Nachmittag folgten dann die Kämpfe der Gladiatoren, zuerst sicherlich solche recht seltener Gattungen wie der laquearii oder paegnarii und schließlich als Höhepunkt unter Aufsicht eines Kampfrichters die beliebte Auseinandersetzung zwischen secutor und retiarius.
Das sozial herausgehobene Ambiente des Mosaikbodens läßt vermuten, dass sein Auftraggeber nicht nur Fan von Kämpfen im Amphitheater (von Trier?) war, sondern einen munus verewigt hat, den er als führendes Mitglied der Gesellschaft auch veranstaltet und bezahlt hat - ähnlich wie wohl in der Villa von
Bad Kreuznach und oftmals sonst. Ein vergleichbarer Event ist in Malerei auf bescheidenerer Ebene in
Raum 2/2 in der
Villa von Ahrweiler verewigt worden.
Bildergalerie
Literatur
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